Manchmal ein Balance-Akt
Der Neurophysiologe und Psychologe David Deida beschäftigt sich seit Jahren damit, wie beide Geschlechter von ihrer maskulinen beziehungsweise femininen Essenz beeinflusst werden.
Deida beschreibt das sogenannte feminine Prinzip, das für körperliches und geistiges Leben und Lieben steht. Dazu zählen Bewegung, Emotionen und Bindung. Als femininer Typ will man sich öffnen, in sich hineinlassen. Man will geliebt, gefüllt und auch körperlich penetriert werden.
Das männliche Prinzip beruht auf Kampf. Der maskuline Typ spürt sich durch direktes Kräftemessen, hier liegt der Zugang zu Emotionen. Eindringen, Vordrängen, Wegdrängen, Drücken, Bohren, Stecken sind allesamt maskuline Dynamiken. Wer diese Verhaltensweisen in Rein- oder Teilform lebt, wird in den eigenen Beziehungen gespürt haben, was sie ausmachen. In der Sexualität ist es laut Deida besonders wichtig, dass der Mann seine essenziell stoßende, männliche, kraftvolle Energie gefunden und angenommen hat und die Frau ihre geschlechtsspezifisch aufnehmende, die keineswegs nur passiv ist. Körperlich verbinden sich diese Energien über den penetrierenden Penis und die sich öffnende und empfangende Vagina.
Oft sind diese Energien so verteilt, dass Frauen maskuliner leben als ein typischer Mann und umgekehrt. Laut Deida ist genau das eines der größten Probleme für Beziehungen heutzutage, besonders für den Sex, denn nach wie vor ist es der Mann, der dabei selbstbewusst etwas aufrichten muss, und die Frau, die nicht zu angespannt sein sollte, um sich zu öffnen.
Wann ist ein Mann ein Mann?
Wer seinen Partner ständig korrigiert und ihm immer wieder sagt, was er wie tun soll, demontiert ihn Zug um Zug und zerstört sein Selbstvertrauen. Beziehungsexperten sprechen in diesem Zusammenhang von psychischer Entmannung. Häufig kommt es dabei zu Streit, Missstimmung oder dem Rückzug ins Schweigen. Frauen werfen bei solchen Gelegenheiten häufig alles in einen Topf und können zum Beispiel einen Streit am Mittag nicht vom Sex am Abend trennen. Viele wünschen sich eigentlich Nähe, können gerade in solchen Momenten aber nicht nachgeben, weil etwas im Kopf noch wütend sein möchte. In diesem Fall empfiehlt sich: springen und zwar über den eigenen Schatten.
Die Reaktion des Partners: »Sie ist echt ein Kaktus!« Und ist jemand nicht äußerst kampfbereit oder ruht sicher in seiner Männlichkeit, folgt daraus, dass er sich zurückzieht in mehr als einer Hinsicht. Wäre die Frau hingegen liebend, weich, offen, nachgiebig und strahlend im Sinne der weiblichen Essenz, zöge sie Männer an wie ein Magnet – so jedenfalls die Theorie. Gemeint ist damit natürlich nicht, devot, klein und verletzlich zu sein, sondern nur, den femininen Energien einen gewissen Raum zuzugestehen. Dann kann der Mann wiederum seine männliche Essenz besser spüren.
Männer, die in der Lage sind, sich schnell und konsequent zu entscheiden, kommen selten in Situationen, in denen sie sich schwach und unterdrückt fühlen. Je weniger Entscheidungen ein Mann selbst fällt, desto mehr Raum überlässt er anderen, das Steuer zu übernehmen. Viele Frauen erledigen das gern, respektieren ihren Partner in der Folge allerdings um einiges weniger, eben weil sie übernehmen durften. Wer männlicher werden möchte, sollte also damit anfangen, Entscheidungen selbst zu treffen.
Einfache Übung für mehr Kontrolle:
Sehr heterozentrierte Männer, die sich fast automatisch auf ihre Frauen einstellen, könnten zum Beispiel für sich eine kleine Liste der Lebensbereiche erstellen, in denen sie andere Menschen nicht zuletzt die eigene Frau Entscheidungen für sie treffen lassen. Auf diese Weise kann der heterozentrierte Mann allmählich mehr Kontrolle in eigener Sache übernehmen und dadurch mehr Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl aufbauen. Auch übt er dadurch mehr Einfluss auf das alltägliche Leben aus